August 17, 2025
Die Begrünung von Rohbodenflächen ist in Deutschland, Österreich und den angrenzenden Staaten ein zentrales Thema für Infrastruktur, Erosionsschutz und ökologische Sanierung. Zwei Verfahren stehen dabei im Vordergrund: Hydroseeding – in der deutschen Fachsprache auch als Hydrosaat, Spritzbegrünung, Anspritzbegrünung oder Nassansaat bezeichnet – und das Hydromulching. Obwohl beide Verfahren ähnliche technische Grundlagen haben, unterscheiden sie sich deutlich in Zielsetzung, Materialeinsatz und Wirkung.
Die Hydrosaat – synonym auch Spritzbegrünung, Anspritzbegrünung oder Nassansaat genannt – ist ein Verfahren zur gezielten Vegetationsentwicklung. Dabei wird Saatgut zusammen mit Wasser, Dünger, Bodenhilfsstoffen und Mulchfasern hydraulisch aufgetragen.
Das Verfahren der Hydrosaat ist wesentlich mehr als eine einfache Ausbringung von Samen. Entscheidend sind:
die sorgfältige Bodenvorbereitung,
die standortgerechte Auswahl der Saatmischung,
und die Einbindung ökologischer Faktoren wie Bodenleben und Wasserdynamik.
Eine korrekt ausgeführte Spritzbegrünung sorgt dafür, dass Saatgut und Boden optimalen Kontakt haben und die Keimung gleichmäßig erfolgt. Mit der Nassansaat lassen sich langfristig stabile, artenreiche Vegetationsgesellschaften aufbauen – sei es im Straßen- und Bahnbegleitgrün, bei Deponiebegrünungen oder auf Golf- und Sportanlagen.
Im Unterschied dazu liegt beim Hydromulching der Fokus auf dem sofortigen Erosionsschutz. Hierbei werden größere Mengen an Holzfasern, Zellulose oder Spezialmulchen appliziert, die eine geschlossene Schutzschicht auf der Oberfläche bilden. Mit Hilfe von organischen Klebern (Tackifiern) wird diese Schicht stabilisiert und eng mit dem Untergrund verbunden.
Das Ergebnis:
sofortiger Schutz vor Abspülungen,
signifikante Reduktion von Winderosion,
Verbesserung des Mikroklimas für die Keimung.
Hydromulching ersetzt damit in vielen Fällen Geotextilien. Während Jute- oder Kokosmatten dauerhaft im Boden verbleiben und ökologische Risiken bergen – etwa durch das Verfangen von Vögeln und Reptilien – bietet ein Hydromulch aus heimischen Holzfasern eine flexible, biologisch abbaubare und klimafreundliche Alternative.
Hydroseeding bzw. Hydrosaat, Spritzbegrünung, Anspritzbegrünung oder Nassansaat und Hydromulching erfüllen unterschiedliche Funktionen, die sich gegenseitig ergänzen:
Hydroseeding / Hydrosaat: Vegetationsaufbau durch ökologisch abgestimmte Saatmischungen.
Hydromulching: Sofortiger Oberflächenschutz mit wasserhaltender Mulchschicht.
Hydromulchprodukte wirken wie ein temporärer Schwamm, der ein Vielfaches seines Eigengewichts an Wasser speichert und dieses gleichmäßig an Keimlinge abgibt. Damit werden Keimungsraten auch auf schwierigen Standorten verbessert.
Internationale Testverfahren wie ASTM D6459 (Hangneigung, Erosionskontrolle) und ASTM D7322(Vegetationsentwicklung unter erosionsrelevanten Bedingungen) zeigen, dass Hydromulch in der Regel eine höhere Schutzwirkung entfaltet als herkömmliche Geotextilien.
Ein entscheidender Faktor bei der ökologischen Bewertung ist die Herkunft der verwendeten Fasern.
Heimische Holzfasern: entstehen als Nebenprodukte der Sägeindustrie, sind regional verfügbar und fördern geschlossene Stoffkreisläufe.
Importierte Jute- und Kokosprodukte: haben aufgrund weiter Transportwege und problematischer Anbaumethoden eine schlechte CO₂-Bilanz.
Die Kombination von Hydrosaat, Spritzbegrünung, Anspritzbegrünung oder Nassansaat mit heimischen Hydromulchprodukten ist daher ökologisch und technisch überlegen.
Als anschauliches Beispiel kann die Begrünung in alpinen Hochlagen dienen. Dort wird traditionell Stallmist zur Flächendüngung genutzt, was jedoch zur Überdüngung führt und die typische Alpflora verdrängt. Ebenso werden Jute- und Kokosgewebe verwendet, die einerseits ökologisch problematisch sind, andererseits Risiken für Vögel und Reptilien darstellen.
Hydrosaat und Hydromulching bieten hier eine zeitgemäße Lösung: Die Nassansaat mit standortgerechten Mischungen fördert die Biodiversität, während Hydromulching die Oberfläche sofort schützt und eine nachhaltige Vegetationsentwicklung unterstützt.
Die Weiterentwicklung von Hydrosaat, Spritzbegrünung, Anspritzbegrünung, Nassansaat und Hydromulching ist ein zentrales Ziel der Global Alliance of Soil Bioengineering Experts (GABSE).
In aktuellen Projekten wird untersucht:
wie Hydromulchprodukte die Wasserspeicherfähigkeit und Keimung beeinflussen,
welche Biodiversitätseffekte standortangepasste Hydrosaaten erzeugen,
welche CO₂-Bilanzen sich bei heimischen Holzfasern im Vergleich zu Importmaterialien ergeben,
und wie sich Vegetationsentwicklungen langfristig monitoren lassen.
SRBT ist in diese Projekte eingebunden und bringt die Verfahren damit auf das höchste fachliche Niveau.
Dieser Artikel wurde im Rahmen der fachlichen Arbeiten von SRBT erstellt. Unsere Texte erscheinen ebenfalls in den Fachgremien der GABSE. Eine vollständige oder teilweise Verwendung ohne unsere Zustimmung ist nicht gestattet.